Auf einer Bettdecke liegt ein aufgeklappter Laptop und daneben hat sich eine Katze gekuschelt.

Meine 2 Cent zu ChatGPT

 "Glaubst du irgendwann übernimmt ChatGPT deinen Job?", wurde ich gefragt als Freund*innen ein Video schickten wie jemand per Textanweisungen html, css und js Code generierte und ich lachte.
Künstliche Intelligenz wird immer beeindruckender, aber ich mache mir um meine Zukunft keiner Sorgen.

Mittlerweile kann man im Internet Profilbilder von nicht existierenden Personen erstellen, Kunststile aus dem nichts kopieren und Text-Aufgaben von ChatGPT lösen lassen. Früher waren Chatbots ein Pop Up Fenster, welches dich dann doch zu einem Menschen durchstellen mussten, heute haben schlechte Lehrer*innen Angst um Ihre Hausaufgaben.

Die Inhalte des besagten TikTok Videos sind überschaubar: Eine Person, die laut eigener Aussagen nur ein bisschen html kann, möchte auf einer Webseite anhand des Geburtsdatums das Alter einer Person berechnen. Erst wird die html Basis generiert, im Anschluss das Ergebnis per css gestylt und zuletzt die Berechnung durch Java Script hinzugefügt. Das ChatGPT das alles nur mit ein paar Zeilen Texteingabe generitert ist schon beeindruckend, aber nichts was ein Mensch nicht auch nach einem Anfänger*innen Kurs leisten könnte.

Eigene Webseiten erstellen kann man bereits ohne Programmierwissen.

Dank Wordpress-Anwendungen, oder Baukastensystemen, können Menschen bereits ohne Programmierkenntnisse ihre eigene Webseite bauen und anpassen. Selbst das Hosting wird je nach Anbieter mit übernommen und ggf die Domain sogar gleich mitgeliefert. All diese kommerziellen Anbietenden versuchen das Erstellen von Webseiten bereits so einfach wie möglich zu gestalten und haben ganze UX/UI Teams deren Aufgabe es ist die Erstellung und Pflege so weit wie möglich vom Code zu abstrahieren.
Ziehe ich per Drag-and Drop ein Textfeld, oder Bild an seine Stelle, mag das auf den ersten Bild nichts mit programmieren zu tun haben, aber nur weil all die Abstraktions-Ebenen der Anbietenden genau das für einen Übernehmen.

Ich muss gestehen: das ChatGPT TikTok Video sieht trotzdem cooler aus. Anstelle des Baukastens, sieht man den "echten Code". Das fühlt sich garantiert mehr nach "coden" an, als eine Wordpress-Seite zusammen zu klicken.
Ggf. kann man über die Verwendung von diesen generierten Code-Schnipseln auch lernen und nachvollziehen wie die Seite, die man gerade baut funktioniert. Aber auch das machen Tutorials schon im Internet und sehr wahrscheinlich sogar besser weil sie mit pädagogischem Hintergrund entwickelt wurden.

Bis jetzt hat künstliche Intelligenz noch nichts erschaffen, dass für Menschen unmöglich ist.

Egal ob wir die Software dieser Welt mit dem Wissen des Internets, oder Testreihen trainieren, wir bringen ihnen bei was wir Menschen bereits wissen. Alles was Maschinen können, können Menschen grundsätzlich auch. Deutlich langsamer und meistens auch weniger akkurat, aber es wäre möglich.
Dabei "entdecken" Bild-Erkennungs-, oder Text-Generierungs-Systeme grundsätzlich nichts neues. Wir bringen ihnen entweder Muster bei, die wir als Menschen bereits kennen und wollen diese schneller, oder effizienter finden, oder wir lassen sie nach Mustern und zusammenhängen suchen und leiten daraus dann Theorien ab, welche es zu beweisen gilt.

Maschinen sind weniger Fehleranfällig. Sie haben nicht mal einen schlechten Tag, oder fallen nach langen Berechnungszeiten mit Burn-Out aus. Sie machen jedoch auch nur exakt den Job für den sie beauftragt werden und keinen Schritt weiter.

ChatGPT versteht uns nicht, sondern manipuliert, sodass wir denken es hätte uns verstanden.

Bei "schlechten" Chat-Bots bekomme ich häufig ein "Ich habe ihre Anfrage nicht verstanden. Möchten Sie mit ein*er Mitarbeiter*in verbunden werden?" und ich würde danach das System wahrscheinlich nicht als "intelligent" beschreiben.
Nur weil die Antwort zu meiner Frage passt, heißt dass aber noch nicht dass die Software meine Anfrage "tatsächlich" verstanden hat.

Je mehr ich über Computer und Technologie im Allgemeinen lerne umso weniger magisch kommen sie mir vor.
Etwa so wie als sei man Bühnenmagier*in. Je mehr Tricks, Slide Off Hand und Props ich kennenlerne, umso mehr sehe ich die Shows mit anderen Augen. Gute Shows sind immer noch beeindruckend und je besser die Person umso weniger sehe ich wie der Trick funktioniert hat, doch je mehr ich lerne umso mehr habe ich eine ungefähre Ahnung.
Wir alle wissen, dass keine echte Zauberei möglich ist. Es wirkt nur solange wie Zauberei, wie wir nicht wissen wie es funktioniert.

In seinem Twitter Thread regt John Warner sich darüber auf, dass Schüler*innen ihre Hausaufgaben nur mit ChatGPT erstellen können, weil Ihnen ein bestimmter Stil in der Schule statt gutes Schreiben beigebracht wurde. Weiter schreibt er

"GPT3 is a bullshitter. It has no idea what it's saying. It understands syntax, not content. It is not thinking in the ways humans think when they write. Lots of students get good grades by becoming proficient bullshitters, regurgitating information back at the teacher."

John Warner, Twitter Dec 3, 2022

Und ich persönlich finde dass dieser Satz sehr gut beschreibt was passiert. George Kassabgi hat mit mehreren Fragen getestet wie gut ChatGPT3 Kontext versteht. Das Ergebnis ist durchwachsen.

Die ChatGPT4 Folgeversion leistet zum Teil schon bessere Ergebnisse, aber nicht in allen Bereichen und auch nur mit 70% Korrektheit. Dennoch ist es faszinierend zu sehen, wie schnell sich etwas wie stark verändern und ggf. sogar verbessern kann. Sehr wahrscheinlich durch den Hype der letzten Zeit und all die Nutzenden die durch ihre Anfragen das Produkt auf Herzen und Nieren getestet haben.
Wahrscheinlich wird es auch immer besser werden mit der Zeit, jetzt wo es die Faszination und den Test durch Menschen bestanden hat und in immer mehr Diensten eingebunden werden wird.
Ob und wie Software sich Kontext erarbeiten wird, dass können Computer-Linguist*innen wahrscheinlich besser beantworten als ich, oder zumindest vermuten, denn in die Zukunft gucken kann niemand.

Dabei ist der Einsatz von Software zur Lösung von Problemen schon sehr von der Korrektheit der Antworten abhängig.
Nehmen wir einen Taschenrechner. Tippe ich eine Rechnung in diesen ein, dann hinterfrage ich das Ergebnis nicht. Müsste ich jede Antwort nachrechnen um zu überprüfen ob sie korrekt ist, dann könnte ich das Ergebnis auch direkt von Hand ausrechnen.
Genau das fehlt ChatGPT (noch?). StackOverflow, eine Seite auf der Software Entwickler*innen Fragen stellen und beantworten, verbot es aus diesem Grund ChatGPT Antworten zu posten:

"The primary problem is that while the answers which ChatGPT produces have a high rate of being incorrect, they typically look like they might be good and the answers are very easy to produce."

05.12.2022, Temporary policy: ChatGPT is banned

Es ist rechtlich relevant zu wissen welche Dienste meine Webseite benutzt.

Häufig werden zu Lösung von Aufgaben auf Webseiten externe Dienste eingebunden. Nicht jedes Rad muss täglich neu erfunden werden.
Lasse ich meine Webseite von ChatGPT erstellen, dann muss ich dennoch innerhalb der Datenschutzerklärung ausweisen wie und welcher Form Daten verarbeitet werden. Im Zweifelsfall muss ich ein Cookie-Banner einbinden, oder anderes gekennzeichnet werden.

Entweder ich verstehe den Code der aus ChatGPT fällt, ich prüfe jeden Link und alle Teile die mit Import ausgezeichnet werden, oder ich bitte ChatGPT eine vollständige Datenschutzerklärung zu erstellen.
Bei letzterem muss ich jedoch darauf vertrauen, dass die Daten korrekt sind. Bin ich persönlich haftbar, überlegt sich jede Person wahrscheinlich noch mal genauer wie sehr man einem Stück Software vertraut.

ChatGPT ist teuer.

Zahlst du nichts für das Produkt, bist du das Produkt.
So ist es auch mit ChatGPT. Der Dienst ist aktuell ein Prototyp und wird mit den aktuellen Eingaben und Anfragen weiterentwickelt. Es ist daher nicht bekannt wie lange dieser Dienst kostenlos zur Verfügung stehen wird und nicht garantiert dass das Ergebnis kostenlos bleibt.

Der Betrieb von ChatGPT ist dabei gar nicht günstig. Die Zahl die man am häufigsten ließt sind 3 Millionen Dollar pro Monat und wurde von Tom Goldstein überschlagen. Wie viel es genau kostet ist unklar, aber "eye watering".
In der Software-Welt kommt es schnell zu hohen Kosten. Software muss entwickelt und getestet werden, ist sie "fertig" fallen weiterhin konstante Betriebskosten an. Nicht umsonst gibt es den "Software as a Service"-Markt bei dem ich anstelle ein Produkt zu kaufen und selbst bereitzustellen einen monatlichen Lizenzvertrag abschließe. Am Ende ggf teurer, aber die Kosten sind stabil und berechenbar.

Doch Software-Betrieb ist nicht nur mit hohen finanziellen Kosten verbunden. Auch die Umweltbelastung ist nicht zu vernachlässigen. In einem Artikel über die Kosten im Trainieren von AIs, bringt Karen Hao genaue Zahlen aus dem aktuellen Forschungsstand an.

"In a new paper, researchers at the University of Massachusetts, Amherst, performed a life cycle assessment for training several common large AI models. They found that the process can emit more than 626,000 pounds of carbon dioxide equivalent—nearly five times the lifetime emissions of the average American car (and that includes manufacture of the car itself)."

Karen Hao, June 6, 2019 for the MIT Technology Review

Technischer Fortschritt wird immer in Abwegung zu unserer Umwelt stehen. Dabei ist die Frage zuerst häufig: Wie kommen wir höher, schneller weiter? Und meistens erst später: Wie optimieren wir Prozesse und Technologien um unseren Planeten zu schützen?
Wenn wir daran arbeiten wollen unsere Umweltziele zu erreichen, dann müssen wir auch eine langsamere technologische Entwicklung in Kaufe nehmen um umweltschonende Möglichkeiten zu erforschen und zu testen. Etwas, dass in unserem Markt nur passieren wird, wenn rechtliche Vorgaben entstehen und durchgesetzt werden.

Wie wird sich die Rechtslage anpassen?

Erst kommt die Technologie, dann der Gesellschaftliche Umschwung und erst dann werden Regeln geschaffen wie wir mit etwas umgehen wollen.
Dabei ist nicht die Frage ob Technologien bestimmte Arbeitsplätze beeinflussen wird, sondern nur wie und zu welchen Regeln.

Ist es günstiger eine Arbeitskraft auszubeuten, oder eine Software einzusetzen?
Wie wird rechtliches Eigentum bewertet, wenn es von Software erstellt wurde?
Wird sich ein KI Markt entwickeln, oder die Produktion so teuer sein, dass niemand mit dem Monopol mithalten kann?

Die Zukunft ist völlig offen und das nicht nur weil noch niemand weiß in welche Richtung sich Tools wie ChatGPT entwickeln, sondern weil wir auch gesellschaftlich nachdenken müssen, wie wir wollen dass sie sich entwickeln.
Wie schnell werden Copyright Reformen kommen, die auf Computergenerierte Kunst und Texte eingehen? Und wie schnell wird im Gegensatz dazu der Markt und einzelne Lobby-Gruppen-Entstehen?

Wie sehr respektieren wir die Arbeit die Menschen leisten?

Ob wir Arbeit an Maschinen abgeben, hat aus meiner Sicht vor allem damit zu tun, wie hoch und komplex wir diese Arbeit einschätzen und wertschätzen.
Wenn wir uns ansehen wie wir bereits jetzt bestimmte Berufsgruppen wie Künstler*innen und Texter*innen behandeln, dann wundert es mich nicht zu sehen dass diese Gruppen jetzt schon unter den bereits existierenden generativen Internetmöglichkeiten leidet.
Bereits ohne AI wird an den Preisen in der freischaffenden Medienwelt gedrückt, Menschen in "Aufmerksamkeit" bezahlt, oder andersweitig ausgebeutet. Es scheint als würde die Welt darauf warten kreative Tätigkeiten endlich für 99ct auf Knopfdruck zu generieren.

Doch wird das mit der Erstellung von Programmcode auch so werden? Aktuell müssen Menschen recht exakt Beschreiben was sie generieren wollen. Funktioniert der Code nicht: nachfragen und nachbessern. Das kann theoretisch immer einfacher und intuitiver werden, wodurch Menschen irgendwann auch vor dieser Form des Handwerkes den "Respekt verlieren".

Ist ChatGPT fragen, Code schreiben?

Nur ein Gedanke, aber: ist Texte formulieren um Programmcode zu erhalten nicht auch nur eine Programmiersprache? Dienste wie ChatGPT leisten dabei, im Gegensatz zu Programmcode der nur exakt meinen Anweisungen folgt, eigene Leistungen. Das kann man Intelligenz, Kreativität, oder anders nennen. Vielleicht gibt es auch schon ein Wort dafür.
Aber am Ende muss ich wissen was ich erhalten möchte, dass in einer Sprache (für ChatGPT am Besten in Englisch) ausdrücken können, dass Ergebnis zu korrigieren wissen und auch Lernen, oder wissen wie ich es einsetze.
Dabei durchsuchen Menschen auch StackOverflow und das Internet, nur dass das bei Nachfragen nun ChatGPT übernimmt.

Aktuell erscheint es für mich unterschwelliger, einfacher, bzw intuitiver als "Coden" im herkömmlichen Sinne, denn die Sprache in der ich nun mit dem Computer rede ist die selbe mit der ich mit Menschen kommuniziere und das Setup was ich brauche ist eine Eingabemaske die die meisten Menschen schon von Messengern kennen.

...Und mein Job?

Die Zukunft wird zeigen wie sich das Programmier-Handwerk mit dieser neuen Technologie verändern wird. Theorien gibt es dazu viele.
Vielleicht wird ChatGPT das neue Debugging Tool um Codefehler auszubessern. Vielleicht wird "Kleinkram" bald von Technologien übernommen, oder aber es bleibt günstiger dafür in anderen Ländern Menschen zu unterirdischen Preisen zu bezahlen.
Vielleicht werden Gesetzte die Nutzung bald einfacher und klarer machen, oder aber einschränken.
Die Zeit wird es zeigen.

Wenn ich darauf Blicke wie Technologie mein Leben verändert hat, dann bin ich mit Ende 20 eines der Menschen die in der Schule noch im Brockhaus nachschlagen mussten und irgendwann auf Suchmaschinen im Internet gewechselt sind.
Die Generation die von ihren Lehrer*innen zu höhen bekommen hat, dass Wikipedia keine Quelle ist und von den Eltern gepredigt bekam bloß im großen World Wide Web aufzupassen.
Nun kläre ich meine Eltern und Großeltern über Spam-Anrufe auf und dass sie nicht alles glauben sollen was Brigitte über Impfungen ins Internet schreibt.
Ich selbst editiere in der Wikipedia und schlage dort Fakten nach.
Mit anderen Worten: Ich habe das Gefühl in den letzten 20 Jahren so viele schnelle und gesellschaftlich relevante, technologische Umbrüche miterlebt zu haben, dass ich mir keine Sorgen mache nicht mehr in der "Software-Welt" Arbeit zu finden.
Ich mache mir eher Gedanken darüber wie Technologien meines und das gesellschaftliche Leben verändern werden.

 

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