02. Reisetürchen

Ost Japan

Januar 2015

Ich bin gerade ein Mal zwei Stunden auf japanischem Boden und sitze schon in einem Zug. Auf meinem Weg habe ich mich dazu entschlossen den Weg von Tokio nach Inawashiro mit kleinen Zügen und mehrmaligem Umsteigen anzutreten. Es war eine ökonomisch absolut richtige Entscheidung.

Nach dem Stolpern durch den Bahnhof in Tokio nickt man zumindest als ich Menschen mein Ticket zeige. Im richtigen Zug sitze ich schon mal, doch die Reise wird 4 bis 5 Stunden dauern und erfordert zwei Mal ein Umsteigen.

Ich bin etwas nervös. Genaue Ankunftszeiten habe ich nicht. Die Frau am Ticketschalter hat zwar gutes Englisch gesprochen, doch mich nicht vorgewarnt, dass es im Zug keine Englischen Ansagen geben wird. Von nun an ist bei jedem Zughalt ein für mich unverständliches Brabbeln zu hören. Nicht ein Mal die nächste Haltestelle kann ich erkennen.
Die Stationen selbst sind nur in japanischen Schriftzeichen abgedruckt, mein Reiseverlaufsplan leider schon übersetzt. Lediglich auf den Schildern des Bahnsteigs lässt sich die Europäische Schreibweise erkennen. Je weiter ich mich von Tokio entferne, desto weniger Menschen in meinem Zug sprechen Englisch. Irgendwann bin ich auf mich alleine gestellt und die Zeit des Umstiegs nähert sich.
Bei jedem Halt schaue ich verzweifelt aus dem Fenster und versuche den Stationsnamen zu erkennen.
Manchmal muss ich kurz Aussteigen um ein Schild zu erblicken, um dann bei einem nicht passenden Namen wieder in den Zug zu springen. Das Ganze wiederholt sich für über 20 Minuten bis ich endlich am richtigen Bahnhof bin und den nächsten Zug wechsle.

Dieses Mal weiß ich nicht genau ob ich im richtigen Zug bin, das Zugpersonal selbst spricht kein Englisch, nickt jedoch als ich ihnen mein Ticket zeige. Auskunft wie lange meine Fahrt dauert kann man mir jedoch keine geben und so hüpfe ich erneut bei jeder Station aus dem Zug, suche nach einem passenden Schild und steige ansonsten wieder ein.
Das mein Zeitgefühl durch Jetlag gestört ist, macht die Sache nicht gerade besser. Beim nächsten Zugwechsel atme ich auf als ein junger Mann Englisch spricht. Sagen wie lange die genaue Fahrtzeit ist kann er mir zwar auch nicht, aber er verspricht mir Bescheid zu sagen, sobald er die Ansage zur passenden Station hört. Ich bin erleichtert, wenn auch unsicher ob ich mich darauf verlassen sollte.
Alles klappt.

Als ich an meinem Ziel ins Bett fallen kann bin ich dennoch unglaublich erschöpft. Meine Reise wird mich noch öfter an eher ländliche Regionen Japans tragen. Niemand wird Englisch sprechen und ich werde lernen mir Ziele in mehreren Sprachvariation zu notieren. Jedes Mal ist reisen eine Aktivität die explizites Planen erfordert. Ich plane mit ewig langen Umsteigezeiten, falls die Beschilderung des Bahnhofs nicht auf Englisch sein wird und notiere mir exakte Ankunftszeiten von Zügen damit ich weiß wann ich aussteigen muss. Reisen wird eine Tortur.

Zurück in Deutschland besuche ich meine Großeltern in Niedersachsen. Die Regionalzüge haben keine Englischen Durchsagen, meine Zugverbindung ist nur auf Deutsch auf dem Papierbogen. Der Zug hält heute auf Gleis 3, eine Durchsage die nur ein Mal und auf Deutsch ausgesprochen wird informiert darüber. Am Ende erreiche ich meinen Zielbahnhof mit einer Verspätung von 12 Minuten. Mit meiner Japan-Taktik wäre ich hier nicht ans Ziel gekommen. Immerhin spricht das Zugpersonal Englisch, oder gibt sich zumindest Mühe.

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