Warum Nordkorea?

Die monumentalen Bronze-Statuen von Kim Jong Il und Kom Jong Un erstrecken sich auf einem riesigen bepflasterten Platz in die Höhe. Vor den Statuen wurden Blumen abgelegt. Ein Mensch neben den Stauen zeigt dass die Statuen selbst mindestens 7 Menschen hoch sein muss.

„Mama, ich flieg nach Nordkorea“
„Sag noch mal Bescheid, bevor es los geht und ob ich noch was einkaufen soll.“

Ganz so entspannt wie meine Mutter haben nicht alle Menschen meine Reise betrachtet. Viele Menschen waren um meine Sicherheit besorgt, konnten eine Nordkoreareise nicht nachvollziehen oder kritisierten mich für die Unterstützung eines totalitären Staates.

Die monumentalen Bronze-Statuen von Kim Jong Il und Kom Jong Un erstrecken sich auf einem riesigen bepflasterten Platz in die Höhe. Vor den Statuen wurden Blumen abgelegt. Ein Mensch neben den Stauen zeigt dass die Statuen selbst mindestens 7 Menschen hoch sein muss.

Also warum Nordkorea?

In meinem Leben war ich in mittlerweile 18 Ländern. Nie musste ich mich für eines rechtfertigen. Die Gründe, ein Land zu besuchen, können von ganz unterschiedlicher Natur sein. Für mich war es immer Interesse an den Menschen, der Kultur und Sprache. Wie Menschen abseits meines Tellerrandes oder meiner Komfortzone leben, interessiert mich. Dass die Reise nach Nordkorea nicht mit meinen anderen vergleichbar ist, ist aufgrund des Aufwandes schon im Vorfeld zu sehen; dennoch haben sich meine Beweggründe nicht verändert.

Ist Nordkorea sicher?

Nicht wenige Menschen waren um meine Sicherheit besorgt. Zu oft hätte man in den Nachrichten von gefangen genommenen Tourist*innen, Folter oder Arbeitslagern gehört. Recherchiert man einmal, wie viele westliche Menschen und vor allem aus welchen Gründen in Nordkorea festgehalten oder gefoltert wurden, so stellt sich schnell heraus, dass man absichtlich gegen eine Vielzahl von Gesetzen verstoßen muss, um ein solches Schicksal zu erleiden. Für ein Verbrechen in einem Land eine bestimmte Strafe zu erhalten ist absolut normal. Dass man sich in unterschiedlichen Ländern unterschiedlichen Gesetzen unterwirft, ist logisch. Wenn ich ein Land besuche, muss ich seine Gesetze achten, ganz egal ob man mit ihnen einverstanden ist.
Für mich stand nie die Option im Raum, dass mir tatsächlich etwas zustoßen könnte. Ganz im Gegenteil, Nordkorea braucht Devisen und der Tourismus ist die ideale Möglichkeit, ausländische Währung ins Land zu bekommen. Nachrichten, dass Reisende mysteriös verschwinden, gefangen genommen oder gefoltert werden, könnten zu einem Abbruch jener Einnahmequelle führen.
Auch nach den ersten Telefonaten mit unserer Reisegesellschaft war klar: so gefährlich, wie einige Menschen sich die Reise vorstellen, wird es keinesfalls. Mittlerweile sei man in Nordkorea auf Tourist*innen eingestellt, die Skepsis gegenüber Menschen aus dem Westen sei verflogen, und jegliche Art von elektronischen Geräten seien kein Problem, es sei denn, es handle sich um ein GPS Gerät.
Tatsächlich stellen wir vor Ort fest, wie entspannt die Situation ist.
Rückblickend habe ich mich in keinem Land so sicher gefühlt wie in Nordkorea. Entfernte ich mich zu weit von der Reisegruppe, wurde ich sofort darauf aufmerksam gemacht, stellte ich meine Tasche irgendwo ab, dann würde definitiv dafür gesorgt, dass ich sie auch wieder mitnehme.
Als bei unserer Ankunft festgestellt wurde, dass ein chinesisches Visum für die Ausreise fehlt, waren alle Beteiligten mehr als bemüht, uns zu helfen, Pjöngjang auf jeden Fall wieder zu verlassen.
Menschen auf der Straße gucken zwar interessiert, manchmal auch irritiert, dennoch spricht einen niemand an, oder wagt es gar, einen Gegenstand oder Geld von einem Touristen zu stehlen.

Unterstütze ich mit meiner Reise eine Diktatur?

Ja. Mit einer Reise unterstütze ich finanziell eine Diktatur.
Ich möchte meine Zahlungen an das nordkoreanische System nicht schön reden. Es bleibt jedem selbst überlassen, die Reise zu tätigen. Für mich ist der Tourismus in Nordkorea weiterhin eine große Gefahr für das nordkoreanische System. Mittlerweile braucht das Land so dringend ausländisches Geld, dass es beginnt, seine Grenzen immer weiter für Ausländer zu öffnen. Auch wenn diese Öffnung einseitig ist, so birgt sie für Nordkorea Risiken.
Tourist*innen bringen durch ihre Erzählungen auch Informationen nach Nordkorea, die oft unerwünscht sind. Aus diesem Grund werden ausschließlich systemtreue Menschen in den von Tourismus getroffenen Stationen eingesetzt.
Die Nordkoreaner*innen sind mehr als interessiert zu wissen, wie es außerhalb ihrer Landesgrenze aussieht und so unterhalten wir uns über alltägliche Lebenssituationen und verschiedene Sichtweisen zu alltäglichen Themen. Eine jungen Frau im Palast des Volkes führt mit mir eine Unterhaltung über über Familie und Beziehungen, mit dem Studenten spreche ich über die Snowden-Dokumente, Wohnungssuche in Deutschland und das neue Handynetz und mit unserem Reiseführer über die Bedeutung des Militärs.
Zu sehen bekommen wir den angeblichen Alltag, über welchen wir zwischen den touristischen Sehenswürdigkeiten sprechen, nie. Dennoch bin ich der Überzeugung, die Menschen in Nordkorea nun ein Stück weit besser verstehen zu können. Ich kann viele Ansichten nachvollziehen, sehr viele Dinge in der Politik haben einen historischen Hintergrund. Die Auswirkungen der Propaganda am eigenen Leib zu erfahren, ist für mich als junge Frau, die weder den zweiten Weltkrieg noch die DDR miterlebt hat, unglaublich spannend. Ich spreche hier von „nachvollziehen“, nicht von „verstehen“ oder „für richtig halten“, denn 10 Tage ändern nicht meine eigenen Meinungen. Immer wenn ich nun von Nordkorea lese, dann hat sich meine Grundeinstellung nicht verändert, aber ich habe aufgehört die nordkoreanische Bevölkerung für ihr Verhalten in meinem Kopf zu verurteilen.
Auch Personen, mit denen man durch die sprachliche Barriere nicht kommunizieren kann, bekommen nur durch die bloße Anwesenheit einer/einer Tourist*in schon viel von der Außenwelt zu sehen. Wie kleiden sich die Menschen außerhalb? Wie geben sie sich? Was scheint für sie normal zu sein und was irritiert sie?
Auch wenn die Eindrücke nicht für Menschen auf dem Land ersichtlich ist, sondern der gefestigten Bevölkerung Pjöngjangs vorbehalten bleibt, so ist das Interesse der Nordkoreaner*innen vielleicht geweckt. Wir werden mit Interesse, aber auch Misstrauen beäugt. Viele Menschen stellen Nachfragen zu unserer Heimat und fragen nach unseren Empfindungen, wenn wir eine Sehenswürdigkeit betreten. Es sind genau diese Momente des beidseitigen Informationsaustausches, die für mich gar keinen Zweifel aufkommen lassen, dass der Tourismus in Nordkorea einen großen Teil zu einer eventuellen Öffnung Nordkoreas beiträgt und damit absolut unterstützenswert ist, egal wie viele Devisen ich damit zu der Regierung beitrage.

Dieser Beitrag spiegelt meine Ansichten aus 2015 wieder. Mittlerweile haben sich meine Ansichten jedoch großteils verändert.

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