16. Reisetürchen
Tokio (Japan)
Februar 2015
„Entschuldigen Sie, darf ich Fragen warum sie ausgerechnet mich befördern?“, frage ich ungläubig. Meine chinesische Chefin guckt irritiert. „Ich brauche Jemanden der zuverlässig ist, dem ich Verantwortung übertragen kann, der pünktlich, flexibel und genau ist. … Und sie sind Deutsch.“
Wie angewurzelt stehe ich im Raum. Wurde ich gerade auf Grund meiner Nationalität befördert? Ich nicke nur, bedanke mich für das Vertrauen und verlasse den Raum. Für meine nächsten Aufgaben bin ich alles andere als Vorbereitet.
Ich fühle mich nicht nur absolut unterqualifiziert, ich bin es.
Am liebsten hätte ich alles abgelehnt, aber ich war zu perplex und zudem hängt daran auch mein Visum.
So sitze ich leicht durcheinander in unserem Wohnzimmer und spreche mit meinem Kolleg*innen. Dieser ist ähnlich irritiert von der Entscheidung, versichert jedoch dass ich wirklich gute Arbeit geleistet habe.
Leider bringt mich das bei meinen neuen Aufgaben auch nicht weiter. Ich habe noch nie ein Team geleitet, saß noch in längeren Meetings und spreche die Landessprache gerade gut genug um im Supermarkt einkaufen zu gehen.
Nicht die idealen Bedingungen um eine höhere Position mit mehr Verantwortung zu übernehmen. Ich beschließe es durch zu ziehen. Die nächsten Wochen werden unglaublich hart, doch mein Team wird zu einer Ersatzfamilie.
Die Hierarchischen Strukturen haben wir bereits in den ersten Wochen aufgelöst. Jede*r in dieser Gruppe hat mehr Arbeitserfahrung als ich und es entwickelt sich eine Struktur in der Jede*r Jede*m unter die Arme greift. (Und hauptsächlich mir) Ohne meine wundervollen Kolleg*innen hätte ich den Berufseinstieg keinen Tag überlebt. Und doch falle ich abends kaputt ins Bett, mit dem grausamen Gedanken gerade nur wegen einem Pass in einer Arbeitsposition zu sein. Es werden Nächte voller schlechtem Gewissen.